INGRID: Informationssystem Graffiti in Deutschland
Fakultät für Kulturwissenschaften -> Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft -> Germanistische und Allgemeine Sprachwissenschaft
Data Science
Das Projekt Graffiti in Deutschland ist eine interdisziplinäre Kooperation der Fächer Sprachwissenschaft und Kunstgeschichte. Im Rahmen des Projekts soll eine Bilddatenbank entstehen, die Graffiti in Deutschland über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren dokumentiert. Die Bilddaten werden überwiegend von der Polizei zur Verfügung gestellt. Diese Daten sind hinsichtlich der Datierung, Lokalisierung und Identifizierung der erfassten Graffiti von hoher Qualität, werden in der Regel aber nach wenigen Jahren gelöscht. Durch das Projekt soll der Bildbestand bewahrt und der wissenschaftlichen Forschung dauerhaft zur Verfügung gestellt werden. Der Anfangsbestand des Projekts umfasst derzeit ca. 100.000 Fotos aus polizeilichen Beständen in Köln, Mannheim und München, die in den Jahren 1998-2013 aufgenommen wurden. Hinzu kommen 5.400 Dias der Sammlung Kreuzer aus dem Bestand des Stadtarchivs München, die aus den Jahren 1984 und 1985 stammen. Im Rahmen des Projekts sollen weitere polizeiliche, aber auch museale und private Datenkorpora akquiriert werden. Das Ziel ist, ein bundesweites Zentrum für die Dokumentation von Graffiti in Deutschland aufzubauen. Die Dokumentation soll dazu dienen, eine weit verbreitete, aber ephemere subkulturelle Form strukturiert zu erfassen und der wissenschaftlichen Forschung dauerhaft zugänglich zu machen. Die Datenbank wird mit technischer Unterstützung des Zentrums für Informations- und Medientechnologien (IMT) der Universität Paderborn erstellt, das eine nachhaltige wissenschaftliche Nutzung und Pflege über den Antragszeitraum hinaus gewährleistet. In der 36-monatigen Pilotphase sollen der Bestand der Polizei Mannheim (ca. 32.000 Fotonegative und ca. 18.000 Bilddateien), der in Bezug auf seinen Umfang und die Länge des dokumentierten Zeitraums wissenschaftlich besonders wertvoll ist, und die Sammlung Kreuzer des Stadtarchivs München erfasst und systematisch bearbeitet werden. Es werden Standards für die digitale Erfassung und Systematisierung von Graffiti entwickelt. Im Rahmen von Dissertationsprojekten, die parallel zum Projekt entstehen, werden erste sprach- und kunstwissenschaftliche Analysen des erfassten Materials durchgeführt. Erstmals wird es möglich sein, auf der Basis umfangreicher, gesicherter und qualitativ hochwertiger Forschungsdaten Entwicklungen und Veränderungen von Graffiti über längere Zeiträume in den Blick zu nehmen und ihre spezifische Schrift-/Sprachlichkeit, ihre Bildästhetik und ihre soziale Funktion als Marker städtischer Kommunikationsorte und Indikatoren urbaner Konfliktzonen zu erforschen.
DFG-Verfahren Digitalisierung und Erschließung (Wiss. Literaturversorgung und Informationssysteme)
Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Axel-Cyrille Ngonga Ngomo; Professorin Dr. Gudrun Oevel; Professor Dr. Martin Papenbrock; Professorin Dr. Doris Tophinke
Das „Informationssystem Graffiti in Deutschland“ (INGRID) ist ein Kooperationsprojekt der Universität Paderborn und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Aufgabe und Ziel des Projekts bestehen darin, umfangreiche Graffiti-Bildbestände zusammenzutragen, sie zu digitalisieren, in einer Datenbank durch systematische, ontologiebasierte Annotation zu er-schließen und diese der wissenschaftlichen Forschung in einem leistungsfähigen Informationssystem zugänglich zu machen. Mit der Bereitstellung von wissenschaftlich nutzbaren Ab-bildungen und qualitativ hochwertigen Metadaten soll eine Grundlage für die disziplinüber-greifende wissenschaftliche Erforschung von Graffiti geschaffen werden.
Das auf insgesamt sechs Jahre angelegte Projekt wird seit 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Der Schwerpunkt der ersten, dreijährigen Förderphase (April 2016 bis Juni 2019) lag auf der Erschließung von zwei großen Graffiti-Bildbeständen und der Entwicklung von dafür notwendigen Annotationsstandards. Diese Arbeiten wurden erfolg-reich abgeschlossen und die Daten über die Webseite des Projekts zugänglich gemacht. In der nun anschließenden zweiten Projektphase (Januar 2020 bis Dezember 2022), für die mit der folgenden Projektbeschreibung eine Fortsetzung der Förderung durch die DFG beantragt wird, sollen drei weitere große Graffiti-Bildbestände erschlossen werden. Die drei neu zu er-schließenden Bildbestände weisen jeweils eigene Charakteristika auf, die den bisherigen Be-stand ideal ergänzen und neue Forschungsperspektiven eröffnen. Außerdem sollen die Anwendbarkeit und die wissenschaftliche Nutzbarkeit der Datenbank im Hinblick auf konkrete Forschungsfragen und Anforderungsprofile optimiert werden.
Wie in der ersten Förderphase werden auch in der zweiten Phase die Schwerpunkte der Arbeit darin liegen, Inhalte bereitzustellen, d.h. Graffitis durch Annotation systematisch zu erschließen, und die Zugänglichkeit der bearbeiteten Datenbestände zu erhöhen. In einem zusätzlichen Arbeitspaket sollen darüber hinaus die Daten als Linked Data bereitgestellt und ein SPARQL-Endpunkt eingerichtet werden, um den automatisierten Zugriff und die Verknüpfung von Datenbeständen zu verbessern.
Die INGRID-Datenbank ist kein abgeschlossenes Repositorium, sondern will auch in Zukunft geeignete Graffiti-Bildbestände integrieren. Dazu sollen auch Möglichkeiten des externen Uploads von Bildern und Metadaten, die easydb technisch bietet, sowie der notwendigen Qualitätskontrolle evaluiert werden. Eine Erschließung, die sich auf Minimalangaben zur Ob-jektklassifikation und Objektidentifikation sowie auf Datierung und Fundort beschränkt, soll dazu beitragen, auch zukünftig größere Bestände in kürzerer Zeit zugänglich und wissenschaftlich nutzbar machen zu können.
17 Publications
M. Papenbrock, D. Tophinke, in: M. Müller, H. Hausendorf (Eds.), Sprache in der Kunstkommunikation, de Gruyter, Berlin, 2016, pp. 88–109.
M. Papenbrock, D. Tophinke, Der Deutschunterricht 4 (2016) 57–67.
D. Tophinke, Leseforum.ch – Online-Plattform für Literalität Heft “Räume der Poesie” (2019) 1–17.
M. Papenbrock, D. Tophinke, Zeithistorische Forschungen 15 (2018) 159–172.
M. Papenbrock, D. Tophinke, Praxis Deutsch 246 (2014) 26–30.
D. Tophinke, in: A. Deppermann, H. Feilke, A. Linke (Eds.), Kommunikative Und Sprachliche Praktiken, de Gruyter, Berlin, 2016, pp. 405–430.
M. Papenbrock, D. Tophinke, in: Andersschreiben. Formen, Funktionen, Traditionen, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2012, pp. 179–197.
L. Lieb, S. Müller, D. Tophinke, eds., Graffiti. Deutschsprachige Auf- und Inschriften in sprach- und literaturwissenschaftlicher Perspektive, Praesens, Wien, 2017.
D. Tophinke, M. Papenbrock, Praxis Deutsch (2014) 26–30.
D. Tophinke, Zeitschrift für Germanistische Linguistik 47 (2) (2019) 355–384.
D. Tophinke, in: D. Wrobel, T. von Brand, M. Engels (Eds.), Gestaltungsraum Deutschunterricht. Literatur - Kultur - Sprache, Schneider, Baltmannsweiler, 2017, pp. 161–173.
S. Niemann, in: M. Papenbrock, D. Tophinke (Eds.), Kunst Und Politik. Jahrbuch Der Guernica-Gesellschaft. Schwerpunkt: Politisches Graffiti., V&R unipress, Karlsruhe, 2023, pp. 89–102.
S. Niemann, in: T. Wilke, M. Rappe (Eds.), HipHop im 21. Jahrhundert, 2022, pp. 267–288.
M.A. Sherif, A.A.M. da Silva, S. Pestryakova, A.F. Ahmed, S. Niemann, A.-C.N. Ngomo, Scientific Data 10 (2023).
S. Niemann, in: Document | Archive | Disseminate Graffiti-Scapes, 2023, pp. 231–238.
M. Papenbrock, D. Tophinke, eds., Politisches Graffiti, V&R unipress, 2023.
M. Sherif, A.A. Morim da Silva, S. Pestryakova, A.F.A. Ahmed, S. Niemann, A.-C. Ngonga Ngomo, IngridKG: A FAIR Knowledge Graph of Graffiti, LibreCat University, 2023.